Von Attentätern und Scannern

Eigentlich war die Sache absehbar: Kaum gibt es ein versuchtes Sprengstoffattentat auf ein Passagierflugzeug – obendrein in Amerika! – werden als allererstes in einem Anfall von blindem Aktionismus die Sicherheitsmaßnahmen an den Flughäfen planlos erhöht.

Die Angelegenheit kam mir von Anfang an komisch vor. Al-Qaida, die selbe Terror-Organisation, die es 2001 geschafft hat, gleichzeitig vier Passagierflugzeuge zu entführen und drei davon ins World Trade Centre bzw. das Pentagon fliegen zu lassen, setzt acht Jahre später einen Attentäter in ein Flugzeug, der zu ungeschickt ist, seinen Sprengsatz zu zünden? Und dieser Sprengsatz hätte natürlich in einem Nacktscanner – um deren Einführung bzw. Einsatz es in letzter Zeit recht ruhig geworden war – rechtzeitig entdeckt werden können? Ein Schelm, wer böses dabei denkt, Hanlon’s Razor hin oder her. Lesen Sie weitere Von Attentätern und Scannern

Internetgebühr gekippt

Gestern hat das Verwaltungsgericht Braunschweig ein wie ich finde bemerkenswertes Urteil gefällt: Die GEZ-Gebühr für Internet-PCs ist nicht zulässig. Bevor Mißverständnisse aufkommen: Grundsätzlich finde ich den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon eine sinnvolle Einrichtung – einfach, um Fernsehjournalismus wirtschaftlich zumindest etwas unabhängiger zu machen. (Daß die ÖR-Sender dagegen nicht politisch unabhängig sind, hat leider der Fall Brender gezeigt – aber das ist eine andere Geschichte.) Lesen Sie weitere Internetgebühr gekippt

Neues aus den Niederlanden

Während ich Niederländer auf der persönlichen Ebene bislang in großer Mehrheit als freundliche, unkomplizierte und aufgeschlossene Menschen kennenlernen durfte, beschert mir die politische Ebene in letzter Zeit verstärkt Ungemach. In der Vergangenheit waren’s die Wahlcomputer der niederländischen Firma „Nedap“, deren Verwendung in Deutschland ich sehr kritisch gegenüber stehe. Aktuell ist es die jüngst in den Niederlangen eingeführte Straßenmaut mit GPS-Abrechnung, von der ich fürchte, daß auch sie wie die Wahlautomaten ruck-zuck den Sprung über die Grenze schafft. Lesen Sie weitere Neues aus den Niederlanden

Aus-Gesperrt

Weitaus geräuschloser als die Einführung – jedenfalls nach meinem Empfinden – sind von der FDP die Internetsperren ihrerseits (vorläufig) mit einem Stopschild versehen worden. Das ganze läuft zwar juristisch etwas unsauber darüber, daß die Bundesregierung den mit den Providern geschlossenen Vertrag über die Sperrmechanismen für zunächst ein Jahr aussetzt, aber aus pragmatischer Sicht heißt das für mich erst mal „besser als nix“.

Bleibt nur zu Hoffen, daß die FDP ihr Versprechen, innerhalb dieses Jahres die Sperrgesetze „richtig“ abzuschaffen auch tatsächlich umsetzt. Dann hätte die neue Bundesregierung, von der es wohl hauptsächlich erneute Steuererhöhungen zu erwarten gibt, zumindest etwas gutes geleistet.

Die Folterwerkzeuge gezeigt

Wie heute bekannt wurde, hat Deutschlands oberster Verfassungsschützerschänder Wolfgang Schäuble im Innenministerium schon mal die Liste seiner feuchten Träume für die nächste Legislaturperiode zusammenstellen lassen. Und diese Liste ist nicht ohne: Abschaffung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdienst, Einführung des genetischen Fingerabdrucks, Erlaubnis für V-Leute, „szenetypische Straftaten“ ungestraft zu begehen (mit anderen Worten: bei der NPD eingeschleuste Informanten dürften dann ganz legal Ausländer zusammenschlagen)…

Nachdem der Sieg von Schwarz-Gelb am morgigen Wahlsonntag meiner Meinung nach schon so gut wie sicher ist, können wir uns eigentlich jetzt schon von unseren derzeit noch übrig gebliebenen Bürgerrechten verabschieden. Es soll hinterher aber niemand sagen, er oder sie habe von nichts gewußt…

Leider Recht behalten

Mitte April hatte der Hallenser Oberstaatsanwalt Peter Vogt in einem Zeitungsinterview mit der Süddeutschen in einem Interview gesagt, daß alleine in Sachsen-Anhalt 41 Terabyte bzw. 364.000.000 Bilder kinderpornografisches Material auf die Auswertung warten würden. Dies wurde natürlich prompt von den Internetzensur-Befürwortern dahingehend ausgeschlachtet, um nicht zu sagen mißbraucht, daß dies ja ein erdrückender Beweis für die Notwendigkeit von Internetzensursperren sei. Bereits damals hatte ich mich gefragt, ob diese riesigen Datenmengen nicht eventuell doch ein eher Beweis für die Untätigkeit der Sachsen-Anhaltinischen Staatsanwaltschaft und nicht für eine überbordende Kinderpornographie-Verbreitung im Internet sei. Das sieht nun auch Peter Vogt so und ist als Konsequenz mit Wirkung zum Ende des Jahres zurückgetreten.

Verwundert es wirklich, wenn diese Meldung nur eine Randnotiz in der Presse ist und insbesondere der oberste Pro-Internetzensur-Agitationsverein „Deutsche Kinderhilfe“ dazu dezent schweigt?

Manchmal macht es keine Freude, wenn man Recht behält…

Ach ja, die Immunität von Jörg Tauss wurde ebenfalls kürzlich aufgehoben. Bleibt abzuwarten, ob ich auch in dieser Sache Recht behalte.

Zensursula im echten Leben

Dank Sascha bin ich auf das folgende Video von Spiegel-Online bzw. Spiegel-TV aufmerksam geworden: http://www.spiegel.de/video/video-1017806.html. Zu sehen ist dort Familienministerin von der Leyen, wie sie das Kamerateam von Spiegel-TV während eines öffentlichen Pressetermins aus einer Kindertagesstätte wirft. Ganz offensichtlich hat sich Frau von der Leyen ihre Internetzensur-Wünsche und -(Alb)träume schon derart verinnerlicht, daß sie sie kurzerhand auch auf Bereiche außerhalb des Netzes ausdehnt. Ich schließe mich an dieser Stelle Saschas (sowie der von F!XMBR und vermutlich vieler anderer) Frage an, inwieweit das Selbst-, Macht- und Politikverständnis von Frau von der Leyen grundsätzlich überhaupt noch mit einem Rechtsstaat und einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar ist.

Von Bären und Piraten

Viele werden’s wohl mitbekommen haben, am Wochenende ist MdB Jörg Tauss aus der SPD aus- und in die Piratenpartei eingetreten. Dieser indirekte Gewinn des allerersten Bundestagssitzes für die Piratenpartei hat natürlich einiges an medialer Aufmerksamkeit nicht nur auf Tauss, sondern auch auf die Piraten gezogen. Allerdings frage ich mich, ob Tauss der Piratenpartei damit mittelfristig nicht einen Bärendienst erwiesen hat, denn gegen Tauss laufen derzeit noch Ermittelungen wegen des Fundes kinderpornographischen Materials bei ihm. Sowas könnte natürlich den Zensurbefürworten Munition dergestalt liefern, Zensurgegner als Kinderpronografie-Täter diskretitieren zu können, ähnlich wie das beispielsweise Ihre Hochnäsigkeit, Freiherr von und zu Guttenberg bereits mit den Unterzeichnern der Onlinepetition getan hat.

Was gibt’s sonst noch zu Thema zu sagen? Ach ja, danke an dieser Stelle an Klaus, der mich auf den Zensursula-Song aufmerksam gemacht hat. 🙂

Hochs und Tiefs

Gestern haben zwei bemerkenswerte Ereignisse in der deutschen Politiklandschaft stattgefunden, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Zum einen endte gestern Nacht die Mitzeichnungsfrist der Online-Petition gegen Internetzensur – mit einem Rekordergebnis von 134.014 Mitzeichnern und damit weit über dem inoffiziellen Wunschziel. Danke an alle, die sich beteiligt haben! Zum anderen stimmte die SPD nun endgültig dem leicht überarbeiteten CDU-Gesetzentwurf zu (via), womit dem Gesetz meines Wissens nach nur noch drei Hürden im Weg stehen: A priori Bundespräsident Horst Köhler (eher unwahrscheinlich) und a posteriori der europäische Gerichtshof (sehr unwahrscheinlich) sowie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (etwas wahrscheinlicher).

Zusammenfassend würde ich den gestrigen Tag als „schwarzen Tag“ für die Demokratie in Deutschland. Nicht nur wegen der Etablierung von Zensur durch die Bundesregierung als solches, sondern weil sie dabei vorsätzlich das eigentlich positive Ereignis dieses Tages, nämlich den mit Hilfe der Petition zigtausendfach artikulierten Wunsch nach Freiheit vorsätzlich ignoriert.

Pirat werden?

Bei der Europawahl vor gut einer Woche wurde insbesondere in der Blogosphäre und von „Netzaktivisten“ die kleine Piratenpartei stark beworben, weil es meines Wissens nach die einzige zur Wahl stehende Partei war, die sich explizit gegen die anstehende Internetzensur aussprach. Das hat ihr auch den einen oder anderen Achtungserfolg eingetragen, beispielsweise im Wahlkreis Kleiner Grasbrook in Hamburg mit 8,6% Stimmanteil mehr Stimmen als die CDU mit 7,1%. Derzeit sammelt die Partei Unterschriften, um ihre Zulassung zur kommenden Bundestagswahl zu erreichen. Lesen Sie weitere Pirat werden?