Die Beseitigung des nächsten TÜV-Mangels der G-Klasse war schon deutlich anspruchsvoller als die Scheibenwischer: Die Leuchtweitenregulierung der Scheinwerfer war außer Funktion.
Vorgeschichte
Dazu muss ich kurz etwas ausholen: Im Original haben die G-Klassen der früheren Baujahre zur Leuchtweitenregulierung ein geschlossenes Wasserhydraulik-System. Da diese Systeme mit der Zeit undicht werden können und dadurch ihre Funktion verlieren, man das System aber – zumindest offiziell – nur für recht teures Geld (dazu später mehr) „am Stück” tauschen kann, gibt es inzwischen im Internet Umrüstsätze zu kaufen, mit denen man die Leuchtweitenregulierung auf ein elektrisches System mit kleinen Stellmotörchen an den Scheinwerfern umbauen kann. Ein solches war auch in meinem Auto verbaut, das wusste ich bereits vor dem Kauf. Um die Umrüst-Elektromotoren montieren zu können, ist es außerdem bei manchen Umrüstsätzen erforderlich, die entsprechenden Aufnahmen an den Scheinwerfern durch Feilen etc. etwas umzuarbeiten.
Nun stand ich also vor der Frage, was ich sinnvollerweise tun sollte. Das originale Wasserhydraulik-System ist bei Mercedes noch als Ersatzteil verfügbar, kostet aber immerhin rund €450,– und hat, wie oben schon erwähnt, das Problem, dass es mit zunehmdem Alter undicht werden und kaputt gehen kann. Die Alternative wäre, die umgebaute elektrische Verstellung wieder ans Laufen zu bekommen. Also zunächst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht und dabei festgestellt, dass der Umbausatz auch nicht wirklich schön verbaut worden war.
Eine Messung der Spannungen ergab schnell, dass die Verkablung und das Potentiometer im Innenraum in Ordnung sein musste, das Problem also in den Stellmotoren zu suchen war. Beim näheren Blick auf bzw. in einen der Motoren erfolgte die nächste Ernüchterung: es war offensichtlich Wasser in die Motoren eingedrungen und das Innere war stark korrodiert.
Wenn also die Motoren innen so verrostet waren, muss ich davon ausgehen, dass das wohl auch mit neuen Motoren relativ schnell wieder passieren könnte. Das wäre immerhin ein Vorteil für die originale Wasserhydraulik – hier bestehen die wesentliche Teile aus Kunststoff und können nicht rosten. Auch die Suche nach möglichen Ersatzmotoren erwies sich als schwierig. Zwar war der Hersteller (Hella) und ein Typ („007 878″) in den alten Motoren eingprägt, allerdings ergab eine Internetrecherche, dass es von diesen Motoren eine ganze Reihe von Untervarianten gibt, die teilweise sowohl mechanisch als auch von den elektrischen Anschlüssen her deutlich unterschiedlich sind. Ersatzmotoren einzeln zu besorgen könnte also auch herausfordernd werden. Ein kompletter Umbausatz kostet im Internet aber auch rund €150,– plus Porto, ist also für „einfach mal ausprobieren” auch etwas teuer.
Erschwerend kam dann noch hinzu, dass beim G beim Kauf nicht originale Klarglas-Scheinwerfer verbaut waren, bei denen ich nicht wusste, ob und ggf. wie die Aufnahme der Leuchtweitenregulierung modifiziert worden waren (siehe oben). Also entschloss ich mich nach einigem Hin und Her auch mit Blick auf weitgehende Originalität für ein späteres H-Kennzeichen in den finanziell sauren Apfel zu beißen und einen klaren Schnitt zu machen: Klarglas-Scheinwerfer und defekte elektrische Leuchtweitenverstellung ‘raus, originale Scheinwerfer und originale Verstelleinrichtung ‘rein. Mit Covid-19-bedingter Verzögerung trudelte dann schließlich ein Paket vom Mercedes-Ersatzteilversand im stattlichen Gesamtwert von rund €550,– bei mir ein:
Kernstück des ganzen war das Teil „A463 800 02 52″, besagte Wasserhydraulik. Hinzu kamen noch diverse Kleinteile, unter anderem die entfernte Halterung für die Geberzylinder im Innenraum sowie der originale, im Auto ebenfalls nicht mehr vorhande Bediengriff. Die Scheinwerfer waren dabei übrigens nicht enthalten. Diese gibt es baugleich von Hella (OEM-Hersteller der Scheinwerfer, Artikelnummer „1A8 004.148-001″) im Internet für einen deutlich geringeren Preis als bei Mercedes (ca. €85,– statt €120,– pro Stück).
Montage
Nun zur Montage der Leuchtweitenverstellung und der Scheinwerfer. Dazu muss ziemlich viel demontiert werden: Außen am Fahrzeug die beiden Innenverkleidung der vorderen Kotflügel, die Blenden um die Scheinwerfer, die Kühlergrillverkleidung und die Stoßstange. (Um wenigstens halbwegs an die Schrauben der Stoßstange zu kommen, muss auch noch der Unterfahrschutz unter dem Kühler ‘raus und in meinem Fall auch natürlich noch der Frontbügel ‘runter.)
Im Innenraum muss theoretisch nur die Verkleidung unterhalb des Lenkrades demontiert werden, weil darin der Geberzylinder montiert ist – allerdings muss man, um an diese Verkleidung zu kommen, das Lenkrad, die Lenksäulenverkleidung und die Holzzierleisten am Armaturenbrett demontieren.
Nachdem soweit alles vorbereitet war, habe ich zuerst einmal die gepfuschten „Stromdiebe” an den Scheinwerfern entfernt und die Kabel an den dadurch beschädigten Stellen durch Löten und einen Schrumpfschlauchüberzug (natürlich Schrumpfschlauch mit Heißkleberfüllung) repariert.
Danach ging es an die eigentliche Leuchtweitenverstellung. Deren Leitungsführung ist etwas kompliziert: Vom Geberzylinder geht es durch das Armaturenbrett nach vorne und durch eine Tülle ganz links (in Fahrtrichtung) oben in der Spritzwand in den Motorraum. Dort geht es am Innenkotflügel entlang bis kurz vor den Kühler und dort etwas nach unten. An dieser Stelle ist ein Durchbruch nach außen in den Kotflügel, der durch eine Tülle abgedichtet wird, die fester Bestandteil der Verstellhydraulik-Baugruppe ist. Ab hier teilen sich dann die beiden Leitungen. Eine kurze, blaue Leitung geht direkt zun Nehmerzylinder im linken Scheinwerfer. Die zweite, längere Leitung in Weiß geht im Kotflügel noch weiter nach unten, bis auf Höhe der Unterkante des Kühlers. Dort wieder nach vorne, sozusagen „ins Freie”, unter eine L-förmigen Querstrebe vor dem Kühler entlang auf die rechte Fahrzeugseite und dort schließlich wieder etwas nach hinten, im Kotflügel nach oben und zum Nehmerzylinder im rechten Scheinwerfergehäuse.
Auf dem obigen Foto ist die Wasserhydraulik schon ausgepackt. Wer genau hinsieht, dem fällt eine Merkwürdigkeit auf: Nur auf der blauen Leitung für den linken Scheinwerfer sitzt eine Gummitülle zur Abdichtung des Lochs im Scheinwerfergehäuse. Auf der weißen Leitung für den rechten Scheinwerfer fehlt diese. Zur Erinnerung: ich habe das Teil direkt bei Mercedes bestellt, nicht bei irgendwelchen dubiosen eBay-Händlern oder ähnlichem. Möglicherweise ist die fehlende Tülle der Unterschied zwischem dem ursprünglichen Ersatzteil „A463 800 00 52″ und dem aktuell verkauften Nachfolge-Teil „A463 800 02 52″. Ob die fehlende Tülle tatsächlich Absicht ist und wenn ja, warum Mercedes das geändert hat – keine Ahnung.
Bei der Verlegung habe ich mir natürlich – ganz Hirnfasching – auch wieder selbst ins Knie geschossen, indem ich mit der Verlegung der Leitungen im Bereich des Innenkotflügels angefangen und mich von dort zu den Scheinwerfern vorgearbeitet habe. Erst danach ist mir aufgefallen, dass der Geberzylinder zu groß ist, um durch die Tülle in der Spritzwand zu passen…
Man muss also allen Ernstes die kompletten Leitungen inklusive der Nehmerzylinder und der Gummitüllen, die auf den Leitungen stecken, vom Innenraum aus durch das Armaturenbrett und die Spritzwand fädeln. Auch da wird es an der Dichtungstülle eng, aber die Nehmerzylinder passen gerade eben so durch und die Gummitüllen lassen sich durch Zusammenrollen auf ein passendes Format bringen. Als besondere Herausforderung muss man bei der ganzen Aktion darauf achten, die Leitungen auf gar keinen Fall zu knicken, sonst das komplette Teil hinüber. Im Bereich des rechten Scheinwerfers habe ich dann noch versucht, die Leitung so zu fixieren, dass sie sich hoffentlich nicht an der Blechkante der Durchführung in Scheinwerfergehäuse durchscheuert.
Nachdem das alles geschehen war, konnte ich dann schließlich die neuen Scheinwerfer einsetzen und alle abgebauten Verkleidungsteile wieder montieren. (Zunächst nur die außen, da innen noch weitere Arbeiten anstanden.) Die korrekte Einstellung der Scheinwerfer hat dann noch eine Werkstatt übernommen.