Bereits gestern hatte ich über die Online-Petition gegen das geplante Internet-Zensurgesetz geschrieben, die, nebenbei gesagt, inzwischen über 78.000 Unterzeichner hat und damit mehr als die Partei Die Linke Mitglieder hat. Wie ich allerdings heute erst mitbekommen habe, fuhr gestern sozusagen auch die Gegenseite schwere Geschütze auf: Die Organisation Deutsche Kinderhilfe (DKH) gab eine Pressemeldung heraus und startete eine eigene Unterschriftenaktion für das fragliche Gesetz. Was auf den ersten Blick wie ein plausibler Schritt einer seriösen Organisation wirkt, bröckelt jedoch, wenn man einen näheren Blick auf diese Organisation wirft:
Die Organisation ist zwar ein eingetragener Verein, was laut BGB Gemeinnützigkeit voraussetzt, jedoch hat die Zeitung Die Welt in mehreren Artikel dargelegt, wie der Verein nicht gemeinnützig, sondern durchaus profitorientiert agiert. (Siehe Teil 1, Teil 2 und Teil 3.)
Daß der Verein in seiner oben genannten Pressemeldung unreflektiert die – bereits lange und ausführlich widerlegten – Aussagen von Frau von der Leyen & Co. nachplappert, verwundert einen spätestens dann nicht mehr, wenn man einen Blick in das Impressum der Vereinswebseite wirft:
Deutsche Kinderhilfe e.V.
Haus der Bundespressekonferenz
Schiffbauerdamm 40
10117 Berlin
Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Daß „rein zufällig“ am 11. Mai ein anonymer Schreiber den Wikipedia-Eintrag der DKH massiv schönt, verwundert dann eigentlich kaum noch.
Übrigens: Wer denkt, daß von der Leyens Pläne zumindest bei Mißbrauchsopfern auf ungeteilte Zustimmung stießen, der irrt. Ein früheres Mißbrauchsopfer hat sich beispielsweise in einem Zeit-Interview ausführlich gegen den Gesetzentwurf geäußert und sieht sich sogar erneut zum Opfer gemacht.
Von den bisherigen Entwicklungen aber einmal ganz abgesehen: Ich fürchte, daß die DNS-Sperren – ob sie nun kommen oder nicht – ohnehin nur der erste Schritt sind. Über kurz oder lang wird vermutlich sogar Ursula von der Leyen einfallen, daß sie weitgehend wirkungslos sind (oder Wolfgang Schäuble steckt Ihr einen neuen Wunschzettel zu). Dann dürfte der nächste Schritt in dieser Richtung nicht nur die Überwachung und Filterung des Domain Name Systems, sondern gleich des kompletten Internetverkehrs der Haushalte sein. Ein Ziel, dem sich ja auch die Vorratsdatenspeicherung bereits aus einem etwas anderen Winkel genähert hat. Und wenn das eintritt, dann wird es richtig dunkel in Deutschland…
(Anregung via F!XMBR)
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