Server-Archäologie

In einem früheren Blog-Eintrag hatte ich ja schon einmal erwähnt, dass einer meiner früheren Heimserver ein Via C3 war. (Genau genommen war das bereits der zweite Heimserver, der erste war ein Pentium mit 166 MHz.) Ebenfalls erwähnt hatte ich, dass ich mir dieses System durch eigene Dummheit zerschossen hatte. Um genau zu sein, hatte ich aufgrund von Schusseligkeit /etc/ komplett gelöscht. Da es mir damals auf die Schnelle nicht gelingen wollte, dieses System zu reparieren, hatte ich kurzerhand das dritte Heimserver-System (Dual-P3) aus vorhandenen Resten zusammengeschustert und neu installiert. Einen Großteil der Nutzerdaten des zweiten Systems, insbesondere die E-Mail-Archive, konnte ich damals glücklicherweise dadurch retten, dass ich die Festplatte des zweiten Systems in das dritte einbaute und die Daten einfach kopierte. Bei den MySQL-Datenbanken funktionierte das aber leider nur bei Datenbanken im MyISAM-Tabellenformat. Die Dateien, welche die Datenbanken im InnoDB-Tabellenformat enthielten, ließen sich danach nicht mehr öffnen.

Jetzt, nachdem das inzwischen vierte Heimserver-System (Xeon E3-1225 v5) seit einiger Zeit problemlos läuft, habe ich mich ans Aufräumen gemacht und wollte diverse alte Hardware – darunter auch das zweite und dritte Heimserver-System – entsorgen. Zuvor wollte ich allerdings doch noch wissen, ob man die Installation des zweiten Servers nicht vielleicht doch noch mal zum Leben erwecken könne.

Da das dritte System ein Debian Wheezy und noch voll lauffähig war und das zweite System wahrscheinlich ebenfalls Debian Wheezy war, lag es nahe, einfach /etc/ von der dritten zur zweiten Installation zu kopieren. Um es kurz zu machen: grundsätzlich hat das auch funktioniert, allerdings ziemlich hakelig:

  • Wie ich erst später feststellte, war komischerweise die Einstellung der deutschen Tastaturbelegung futsch – ziemlich nervig beim Tippen… 😉
  • Da ich das anfangs noch nicht wusste, konnte ich mich nicht am System anmelden, da das Root-Passwort Sonderzeichen enthielt. Dieses Problem konnte ich lösen, indem ich (mit der Festplatte wieder im dritten System) den Passwort-Hash für root aus der /etc/shadow löschte und so gar kein Passwort mehr notwendig war.
  • Offenkundig war die Zuordnung von (System-)Usern und UIDs (festgelegt in der – kopierten – /etc/password) auf beiden System nicht identisch. Dadurch stimmten in weiten Teilen die Zugriffsrechte im Dateisystem nicht mehr und hätten aufwändig repariert werden müssen. Alternativ hätte man versuchen können, die „richtige“ UID-Zuordnung in der /etc/password zu rekonstruieren.
  • Einige wichtige Systemtools wie awk werden bei Debian über Symlinks in /etc/alternatives/ aufgerufen – auch hier stimmte einiges nicht mehr.

Das alles führte dazu, dass beim Booten die meisten Serverdienste nicht mehr starteten und nur mit Fehlermeldungen um sich warfen. Daher ist mein persönliches Fazit an dieser Stelle, dass ich eine solche Wiederherstellungs-Aktion nur im absoluten Notfall noch einmal machen wollen würde und ansonsten lieber eine saubere Neuinstallation mit anschließendem Einspielen von Backups machen würde.

Nichtsdestotrotz war der MySQL-Daemon recht einfach wieder zum Laufen zu bekommen: Die Dateibesitzrechte von /var/lib/mysql incl. Dateien und Unterordner wieder auf mysql:mysql setzen und MySQL startete wieder. Aber nicht nur das, sogar die InnoDB-Tabellen waren alle noch bzw. wieder vorhanden! Also habe ich flugs alle Datenbanken mit mysqldump exportiert bzw. gesichert, die Festplatte wieder ausgebaut, über einen USB-Adapter an meinen Arbeitsplatz-PC angeschlossen und die SQL-Dumps kopiert. Somit sind auch die längst verloren geglaubten Daten wieder da. 🙂

Ach ja, weil ich schon mal dabei war, habe ich das eigentlich für sparsam gehaltene Via-C3-System auch gleich mal an das altbekannte Energiemessgerät gehängt. Ergebnis: Das Heimserver-System Nr. 2 zog beachtliche 53 W. So gesehen bin ich umso mehr froh über mein aktuelles viertes Heimserver-System, das nicht nur zig-fach schneller ist, sondern im Leerlauf auch weniger als die Hälfte an Energie braucht. 🙂

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