Kundenabschreckung bei DHL mit Google

Heute soll’s mal wieder nicht um den eigenen Hirnfasching gehen, sondern um den der anderen – in diesem Fall DHL. Dazu muss ich sagen, dass ich lange Zeit der DHL gegenüber wohlgesonnen war, weil sie in Sachen Servicequalität zumindest in meiner Gegend so etwas wie der Einäugige unter den Blinden war. Außerdem sind die DHL-Packstationen durchaus praktisch, wenn man tagsüber arbeitsbedingt nicht zu Hause ist und auch keine Lust hat, anschließend Pakete irgendwo in der Nachbarschaft zu suchen und/oder in irgendwelchen chronisch überlaufenen Filialen und Paketshops zu kruden Öffnungszeiten abzuholen. Zu eben diesem Packstationsdienst gehört auch das Online-Portal Paket.de, auf dem man als DHL-Kunde seine Paketsendungen verwalten kann. Soweit, so gut.

Allerdings hat DHL nun in ihrer unendlichen Weisheit letzte Woche beschlossen, den Zugang zu diesem Portal mit einem Captcha zu vernageln. Wohlgemerkt nicht den Zugang zur erstmaligen Anmeldung dort – was ich ja durchaus noch verstehen könnte – sondern den regulären Zugang zum ganz normalen Login. Und, an dieser Stelle wird es endgültig zum Hirnfasching, nicht mit Hilfe eines der „normalen“ Captchas, sondern Googles reCAPTCHA in der neuesten Ausführung. (Was mich auch gleich zum Teil zwei dieses Rants bringt.) Mit reCAPTCHA verhält es sich bei mir fast wie bei DHL: Die ursprüngliche Idee, mit dem Captcha-Lösen einen gewissen sozialen Mehrwert, nämlich die OCR-Aufarbeitung von Büchern etc. zu schaffen, fand ich durchaus ansprechend. Seit sich jedoch Google das Projekt unter den Nagel gerissen hat und es quasi als Gratistraining für die eigenen neuronalen Bilderkennungsnetzwerke verwendet, bin ich zum einen aus soziologischer Sicht skeptischer und zum anderen dauert das Lösen des Captchas inzwischen für mich eine unangenehm lange Zeit. Auch die grundsätzliche Funktionalität kann man dabei ruhig in Frage stellen: Google möchte ja, dass der Nutzer alle Bilder ankreuzt, die einem bestimmten Kriterium entsprechen, zum Beispiel alle Bilder „mit Flüssen“. Das Problem dabei ist, dass das Captcha nur dann als gelöst gilt, wenn man diejenigen Bilder ankreuzt, die Google selbst bereits für einen Fluss hält – auch Bilder, die meiner Meinung nach keinen Fluss, sondern zum Beispiel einen Teich oder einen See zeigen. Man ist als Nutzer also gezwungen, nicht diejenigen Bilder anzukreuzen, die man selbst für einen Fluss hält, sondern muss sich vielmehr Gedanken machen, welche Bilder davon Google für einen Fluss halten könnte.

Paket.de-Screenshot mit Google reCAPTCHA
Paket.de-Screenshot mit Google reCAPTCHA

 

Und zu allem Überfluss hat auch Google selbst da kürzlich noch einen Geniestreich drauf gesetzt: Manchmal verschwinden die (vermeintlich) korrekt angekreuzten Bilder unmittelbar nach dem Ankreuzen und ein neues erscheint dafür. Dieses Spielchen geht so lange, bis keine Bilder mehr zu sehen sind, die dem vorgegebenen Kriterium entsprechen, erst dann darf man den „Bestätigen“-Knopf drücken. In einem Test gerade eben „durfte“ ich ein und dieselbe Position vier- oder fünfmal anklicken, bis ein Bild erschien, von dem Google glaubte, dass es nicht dem vorgegebenen Kriterium entsprach. Mit anderem Worten: Ein Usability-GAU allererster Ordnung.

Um nun den Kreis zum Anfang zu schließen: mit eben diesem Usability-GAU vernagelt DHL also den regulären Zugang zu ihrem Kundenportal. Irgendwie schizophren: zum einen will man die eigenen Prozesse wie z.B. Erfassung der Sendungsdaten volldigitalisieren und damit vom eigenen Personal auf die Kunden abwälzen, zum anderen macht man es dabei den Kunden unnötig schwer und kompliziert. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es DHL im Moment wirtschaftlich viel zu gut geht. Dass DHL seit einiger Zeit auch in meiner Gegend offenkundig vollkommen unterqualifiziertes Billigstpersonal als Lieferfahrer einsetzt, habe ich dabei noch gar nicht mal thematisiert…

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