Pirat werden?

Bei der Europawahl vor gut einer Woche wurde insbesondere in der Blogosphäre und von „Netzaktivisten“ die kleine Piratenpartei stark beworben, weil es meines Wissens nach die einzige zur Wahl stehende Partei war, die sich explizit gegen die anstehende Internetzensur aussprach. Das hat ihr auch den einen oder anderen Achtungserfolg eingetragen, beispielsweise im Wahlkreis Kleiner Grasbrook in Hamburg mit 8,6% Stimmanteil mehr Stimmen als die CDU mit 7,1%. Derzeit sammelt die Partei Unterschriften, um ihre Zulassung zur kommenden Bundestagswahl zu erreichen.

Ich gebe zu, im Hinblick auf die Zensurproblematik bei der Europawahl die Piraten gewählt zu haben. Als ich mir allerdings heute ihr Parteiprogramm nochmal näher angesehen habe, hat meine ursprüngliche Begeisterung für diese Partei einen herben Dämpfer davongetragen. Anlaß ist der Punkt Urheberrecht und nicht-kommerzielle Vervielfachung in eben jenem Programm. Das liest sicht zunächst wie ein Angriff auf die Musik- und Filmindustrie und läßt ordentlich Robin-Hood-Feeling aufkommen. Liest man den Text jedoch mit den Augen eines Werkeschaffenden – auch und gerade eines „kleinen“ Urhebers, beispielsweise wie in meinem Fall denen eines (Hobby)-Fotografen – bekommt die Sache zumindest einen schalen Beigeschmack. Auch wenn ich mit meinen Fotos – im Gegensatz beispielsweise zu Christian – kein Geld verdiene, geschweige denn davon irgendwie leben könnte, ist mir nicht wirklich wohl bei dem Gedanken an das von der Piratenpartei gewünschte Szenario.

Meine Situation stellt sich derzeit wie folgt dar: Ich fotografiere gerne und einiges, was dabei an Fotos entsteht und das ich persönlich für gelungen halte und woran ich Freude habe, zeige ich auf diversen Homepages und in Foren der Öffentlichkeit, auf daß möglicherweise auch andere Menschen daran Freude haben. Die genannten Internetplattformen, die ich dafür nutze sind sämtlich vollkommen frei zugänglich, Besucher werden nicht einmal mit Werbung belästig (worauf ich im Übrigen stolz bin) und bemühe mich, soweit mir das möglich ist, um eine ansprechende, stilvolle und seriöse Präsentation dieser Bilder.

Die Piratenpartei spricht zwar – meiner Meinung nach übrigens längst nicht deutlich genug – nur von einer „Freigabe“ nicht-kommerzieller Kopien, d.h., nach meinem Verständnis des Parteiprogramms wäre es auch nach Umsetzung dieses Konzeptes verboten, ein Bild von mir ohne mein Einverständnis beispielsweise in einem (nur) käuflich zu erwerbenden Buch abzudrucken. Was aber das Konzept der Piratenpartei mit sich brächte, wäre beispielsweise ein Szenario, in der jemand anderes mein Foto ohne mich zu fragen auf seiner eigenen Homepage einbauen darf. Auch wenn mir beispielsweise die Präsentation auf der fremden Seite aus welchen Gründen auch immer nicht gefällt. Warum das so sein soll, erschließt sich mir nicht – dem Konsum meiner Bilder an den von mir bevorzugten Orten steht ja wie gesagt nichts im Wege.

Die Schlußfolgerung daraus ist einmal mehr eine Güterabwägung: Was ist mir wichtiger? Meine (digitale) Freiheit oder der gesetzliche Schutz meiner Werke? Oder ein „Kompromiß“ dergestalt, daß ich mich zwar hinter die Piratenpartei stelle, aber im Gegenzug zukünftig keine eigenen Werke mehr veröffentliche? Letzteres wäre für mich persönlich zwar verschmerzbar, für Leute, die damit Geld verdienen wollen oder müssen – siehe Christian – das Aus.

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